Schacholympiade 2008 in Dresden

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Olympiavorbereitung in Berlin

/images/uploads/5e138f095cec132986d899b59f486aaa.jpgBericht von Bernd Vökler

Im Rahmen der Vorbereitung auf die Schacholympiade fand eine weitere Trainingseinheit an der FIDE-Trainerakademie in Berlin statt.
www.fide-trainer-academy.com


Der bekannte Schach-Theoretiker und erfahrene Praktiker GM Zoltan Ribli aus Budapest trainierte einige ausgewählte Kaderspieler. Die Großmeister David Baramidze von der Nationalmannschaft sowie Georg Meier und Falko Bindrich von der JOM hatten einen Katalog von Fragen vorbereitet, die Stück für Stück abgearbeitet und durchanalysiert wurden.

Die Bandbreite reichte von klassischen Systemen über Spezialvarianten bis hin zu neuesten Partienmaterial aus Wijk an Zee.

Die Teilnehmer (im Bild von links nach rechts. F. Bindrich, B. Vökler, D. Baramidze, Z. Ribli, G. Meier)( fanden an der FIDE-Trainerakademie ausgezeichnete Bedingungen vor. Auf dem Gelände des Berliner Olympiastadions mit dem Horst-Korber-Sportzentrum als Übernachtungsmöglichkeit sind beste organisatorische, technische und logistische Voraussetzungen für täglich anspruchsvolle und umfängliche Lektionen gegeben.

Ob sich kurzfristig Erfolge an den Bundesligabrettern des Wochenendes oder zur DEM mit David bzw. Aeroflot-Open mit den beiden anderen Spielern einstellen werden bleibt abzuwarten. Langfristig gehören die diskutierten Themen zum Grundstock eines jeden ambitionierten Jungprofis und Olympiakaders.

 

Training mit Anatoli Karpow 2007

/images/uploads/723b1a99f365ec957746e361fffc4837.jpgAm Freitag den 30. November 2007 wurde in der Zentrale der MLP AG die Schachlegende Anatoli Karpow in den Fokus gerückt, um unter Beweis zu stellen, was Schach zu leisten imstande ist.
Im Zuge dieser Veranstaltung griff
Karpow später selbst in den Lostopf, um diejenigen unter der Rhein-Neckar Schachjugend auszulosen, die anschließend gegen ihn zum Simultanspiel antreten dürfen.

Nach der Preisverleihung am Freitag fand am Wochenende ein Training der JOM mit Anatoli Karpow in Hockenheim statt. GM Falko Bindrich (im Bild links) und IM Sebastian Bogner arbeiteten 2 Tage mit dem Exweltmeister und erfolgreichsten Schachspieler aller Zeiten zusammen.
Mit dabei waren Niclas Huschenbeth)(Aspirant für die Zukunft), im Bild rechts neben Falko Bindrich, sowie Hannes Rau (KSA Hockenheim) als Gäste.

Seit dem Wochenende steht definitiv fest, dass die Deutsche Jugend künftig von Karpow trainiert wird. Die nächste Trainingseinheit wurde bereits auf den 18. und 19. Januar 2008 terminiert. Das Training wird am neuen Stützpunkt der Akademie im Racket Center Nußloch stattfinden. Krafttraining, Squash, Badminton und Tennis sollen die körperliche Fitness voranbringen und für Abwechslung sorgen.

 

Die Jugendolympiamannschaft spielt und trainiert in Franken

bericht von B. Vökler

Zur vierten Auflage des LGA – Cups waren wieder mehr und bessere Titelträger in Nürnberg versammelt. Unter den Startern waren auch die Nationalspieler Rainer Buhmann und David Baramidze, sowie von der JOM Georg Meier, Arik Braun und Sebastian Bogner.

Sebastian spielte etwas unglücklich und erzielte 4,5 Punkte. Im Prinzip lässt sich das gleiche von Georg ( 5P ) und Arik ( 5 P ) sagen.

David Baramidze (5,5 P ) konnte folgende Stellung gegen GM Petr Haba ( Erfurter SK ) nicht gewinnen:

 

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Die Partiefortsetzung 1.a4 e3+ 2. Kf3 Tc1 vergibt wegen 3.g3! den Sieg.
Besser war 1. a4 Tc1! Und Weiß kann dem tödlichen Zusammenspiel von König ( über e4 oder g4, Turm ( über erste oder zweite Reihe) sowie dem starken Bauernpaar nichts entgegensetzen.

 

/images/uploads/a3697ea711455ccd56222ff5171adb19.jpgDirekt nach dem gut organisierten Turnier zog die Karawane der Jungstars weiter nach Waischenfeld. GM Zoltan Ribli aus Budapest trainiert die deutsch/österreichische Garde in der legendären „ Pulvermühle“. Neben Arik Braun, Georg Meier, David Baramidze (Bild: A. Braun, D. Baramidze und G. Meier beim Analysieren) ist auch der Neu-Solinger Markus Ragger (AUT) mit dabei.
Auf dem Plan stehen eröffnungstheoretische Neuerungen aus dem Fundus der Chessbase Publikationen, an denen auch Zoltan Ribli federführend mitgewirkt hatte.

 

Lehrgang in Apolda

Bevor die deutschen Starter am 09. September nach Montenegro zur EM starten, ist vom 22. bis 27. August Vorbereitung angesagt.
Der Lehrgang findet in Apolda statt. Großmeister Henrik Teske beschäftigt sich mit Paul Zebisch ( DM U18 ), Atila Figura ( 2. U18 ) und Benjamin Tereick ( DM U16 ).
In der gemischten Gruppe bekommt es JungIM und A-Trainer Thomas Michalczak u.a. mit Melanie Ohme ( aus der JOM ) und Judith Fuchs zu tun. Die Joungster sind Beini Ma, Bianca Stolcz und Franz Bräuer in der Gruppe von Bundesnachwuchstrainer B. Vökler. Themenschwerpunkte sind Taktiktraining und Bedenkzeitübung, aufgrund der abweichenden Bedenkzeit in Deutschland und zur EM.

Ab Donnerstag können die Schützlinge ihren Trainingserfolg beim 15.Apolda -Open unter Beweis stellen. Zur Zeit sind 2 GM und mehrere Titelträger angemeldet.www.schachopen-apolda.de

Am Mittwoch muss Melanie Ohme aus der JOM selbst ran. IM Matthias Müller spielt Simultan und sie darf ausnahmsweise hinter dem Brett als vor 20 Brettern Platz nehmen.
In Apolda gehört nunmehr seit mehreren Jahren das Simultan in der Volksbank zur Schachwoche dazu.
Ob der Teilnehmerrekord im Open von 201 aus dem Vorjahr geknackt werden kann, bleibt abzuwarten.

 

Schach im Schloss

/images/uploads/5cece1416b167db825d79178d1b33edd.jpgText von Alfred Reuter, Fotos von (c) Zoltan Nagy










Foto: Bernd Rosen und sein Bezwinger Paul Cobet

Schach im schwarzen Schloss, so lautet der Titel der bekannten Lernsoftware
für Schachschüler. Doch diesmal waren nicht König Schwarz oder König Bunt
die Hauptakteure.
Unter dem Motto "Schach im Schloss, Hammer Schachjugend trifft das Jugendolympiateam Dresden 2008" lud Schachlehrer Alfred Reuter die Hammer Schachjugend ins Landschulheim Schloss Heessen ein.

Circa 50 Jugendliche kamen mit ihren Eltern um Schachtraining mit Spitzentrainern live zu erleben. In zwei Gruppen hatten die Hammer Schüler
und Schülerinnen Taktik und Endspielaufgaben zu lösen und konnten damit beweisen, dass sie ihr Schach Einmaleins beherrschen.
Bernd Rosen übernahm die Gruppen der Grundschüler und prüfte das Endspielwissen.

Bernd Rosen aus Essen ist nicht nur Landestrainer des Schachbundes Nordrhein Westfalens und Bundesligaspieler, sondern auch Autor mehrerer Schachlehrbücher und
Kolumnist in verschiedenen Schachzeitungen. Für seine hervorragenden Leistungen wurde er mit dem Titel „Trainer des Jahres 2005“ ausgezeichnet.
Seine humorvolle Art Schachtraining zu präsentieren und zu kommentieren kam
bei den jüngsten Hammer Schachschülern besonders gut an.

Die Arbeitsgruppe der Schüler und Schülerinnen der Realschulen und Gymnasien war besonders auf Sarah Hoolt gespannt.

 

/images/uploads/a7d6d114f7e47ae4ff559282a7aba1ae.jpgSarah Hoolt mit siebzehn Jahren, nur unwesentlich älter als die meisten
Beteiligten, gilt als Nachwuchshoffnung des Deutschen Schachbundes. In Bad Bentheim beheimatet, gehört sie zu den deutschen Spitzenspielerinnen und
wurde in das Jugendolympiateam für Dresden 2008 berufen. Mit ihrer
natürlichen Ausstrahlung und jugendlichem Charme erwies sie sich als ausgezeichnete Botschafterin für die Schacholympiade 2008 in Deutschland.

Für unsere jungen Spieler ist sie mit Sicherheit ein Vorbild dafür, was alles durch Fleiß und ein wenig Talent im Schach zu erreichen ist. Sarah, die im nächsten Jahr ihr Abitur machen wird, spielt außer Schach leidenschaftlich Volleyball und im Jugendorchester ihrer Heimatstadt Oboe. Das Schach nicht ihr Leben dominiert macht sie daher besonders sympathisch für alle Schüler.

Nach der Trainingseinheit informierte der Geschäftsführer der Deutschen Schachjugend, Jörg Schulz, die Hammer Schachjugend über die Aktivitäten zur Schacholympiade 2008 in Dresden und lud die Jugendlichen und Alfred Reuter ein, während der Olympiade 2008 ein Jugendcamp vor Ort zu
besuchen.

 

/images/uploads/66dc896cede80210ce8ebb2ab5e2da93.jpgWeiterhin gab er einen kurzen Einblick in die Arbeit der Deutschen Schachjugend und den Deutschen Jugendmeisterschaften 2006 in Willingen.

Im Anschluss hatten dann unsere Schüler die Gelegenheit in einer Simultanpartie sich mit den Gästen zu messen.
Bernd Rosen spielte gleichzeitig gegen 26 Kinder und Sarah Hoolt musste sich mit 24 Schülerinnen und Schülern auseinandersetzen.
Dass auch ein Meister nicht unschlagbar ist erfuhr Bernd Rosen. „Das habe ich übersehen, aber du hattest schon 6 Züge vorher die Chance zu gewinnen“, sagte er zu Paul Cobet, dem Stadtmeister der
Grundschüler 2005, als dieser ihn auf der Grundreihe mit einem Turm mattsetzte.
25 zu 1 für Bernd Rosen, doch Sarah Hoolt hatte schwerer zu
kämpfen. Immerhin waren die besten Hammer Jugendlichen am Start und für sie war es ihr erster öffentlicher Simultanauftritt.

20 Siege, eine Niederlage gegen Tobias Dreesbach und drei Remis gegen Christian Schmidt, Christoph Dreesbach und Malte Pothmann war die Ausbeute der jungen Fide Meisterin.
„Ganz schön anstrengend für mich und zähe Spieler aus Hamm“, war der Kommentar nach zweieinhalb Stunden.

Leider spielte das Wetter nicht wie gewünscht mit, aber dafür entschädigte
das Ambiente des Schlosses Heessen die Besucher der Veranstaltung.
Vielleicht gibt es im Schloss im nächsten Jahr ein da Capo bei den Deutschen Meisterschaften der Schülerinnen, um deren Ausrichtung sich Alfred Reuter und seine Schulschachgruppen beworben haben.

 

Training mit A. Karpov

/images/uploads/b75246d89a11993442a28e1cbc5256b9.jpg






























Ab Montag, dem 15. Mai trainierte die JOM mit dem Exweltmeister persönlich ( im Rahmen der Feierlichkeiten zu 60 Jahren Schach in Mörlenbach und Birkenau ); eine unschätzbare Erfahrung! Wie Anatoli Karpow innerhalb von Sekundenbruchteilen ein fundiertes Urteil über unbekannte Stellungen abgibt, konnten sich Georg Meier un Co. bis dahin nicht vorstellen. Von den Urteilen in ihm bekannten Stellungen ( aktueller Stand bis Zug 30 überall parat ) gar nicht zur reden. Gleichzeitig waren alle Teilnehmer von seiner freundlichen aber bestimmten Art, seine Urteile zu verteidigen, beeindruckt. Anatoli Karpow live und in action das ist an sich unbeschreiblich. Falko Bindrich ( seineszeichens immerhin fast ELO 2500 ) kam überhaupt nicht mehr aus dem Staunen heraus und Georg Meier lies sich zu dem Bonmot: " Gegen Krasenkow kann man das machen, immerhin ist er kein Karpow" hinreißen.

 

Trainingslager des DC-Kaders

im Rahmen der dritten Fränkischen Großmeistertage in der Pulvermühle (Waischenfeld)

von B. Vökler

Bereits traditionell treffen sich Großmeister in der legendären Pulvermühle zum Kräftemessen.
Im Jahr 2000 richtete Familie Bezold zum ersten mal ein Großmeisterturnier aus. 2004 wurde die zweite Auflage bestritten und heuer trifft man sich zum dritten Turnier dieser Art.
Zwischen diesen Hauptevents fanden Jugendbegegnungen und Trainingslager statt. Erinnern möchte ich an die Wettkämpfe gegen Holland und Tschechien, das Training mit Artur Jussupow und Lubomir Ftacnik, sowie das Großmeisterturnier der Jugendolympiamannschaft 2005.
In diesem Jahr hatte ich parallel zum Turnier zu einem Trainingstreffen der DC-Kader eingeladen.
Am Donnerstag Abend war Anreise. Zum Auftakt demonstrierte der aktuelle Nationalspieler Jan Gustafsson aus Hamburg seine Partie aus der Bundesliga gegen den Bremer Spitzenspieler Hracek. Dabei wiederholte er fast schon flehentlich, in welch schlechter Form er derzeit sei und dass er seine Titelverteidigung (er gewann 2004 die zweite Auflage) in weiter Ferne sieht.
Am Freitag begann das Gruppentraining. David Lobzhanidze aus Dresden beschäftigte sich mit dem Thema „ Vorteilserkennung/Vorteilsverwertung“. Thomas Pähtz aus Kerspleben hatte „ Hängende Bauern“ als Thema und ich referierte über die Widder-Stellung als strategisches Element.
Zur Eröffnung des Turniers am Freitag abends waren die Teilnehmerinnen und Mitglieder der Jugendolympiamannschaft Melanie Ohme und Elena Winkelmann als Gäste geladen.

 

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(Lehrgangsteilnehmer v.l. R. Rehberg, G. Zimmermann, St. Kaphle, P. Zelbel, F. Graf, J. Jorczik, S. Kaphle, M. Ohme, F. Dinger, H-M. Klek, J.Fuchs, T. Pähtz, E. Winkelmann, D. Lobshanidze, B. Vökler
Foto: (c) Klaus Steffan)

Ab Sonnabend Vormittag führte der weltbekannte Studienkomponist Yochanan Afek eigene und fremde Kleinode der Endspielkunst vor. Abgesehen von der Sprachbarriere, mit der vor allem die jüngeren Teilnehmer Sebastian Kaphle und Hanna Marie Klek zu kämpfen hatten, waren alle begeistert von der Vielfalt der Ideen und dem jeder Studie innewohnenden kreativen AHA-Effekt. Am Nachmittag schlug die große Stunde des Gordon Zimmermann. Der Junge aus Greifswald hatte sich fest vorgenommen, Autogramme der Stars wie Artur Jussupow und Legende Victor Kortchnoi zu ergattern. Die Teilnehmer hospitierten bei den Partien, suchten nach eigenen Ideen und Varianten und schauten den „Großen“ bei der Analyse über die Schulter. Im Übertragungsraum wurde Chefkommentator GM Klaus Bischoff tatkräftig bei der Berechnung unterstützt. Besonders fasziniert waren alle vom grandiosen Sieg des ach so schlecht in Form befindlichen... (siehe oben) gegen David Baramidze.
Am Sonntag waren wieder Studien und Trainingslektionen angesetzt und bei den abschließenden Tests am Montag ergab sich folgender Endstand: Gesamtsieger und Sieger Strategie wurde Jugendolympiaspielerin Elena Winkelmann aus Dresden.
Zweiter und Sieger Taktik/ Strategie wurde Florian Dinger.
Beide erhielten ein Kortchnoi-Buch mit persönlicher Widmung.
Sieger Studien wurde Patrick Zelbel aus Dortmund. Er erhielt eine DVD der Firma Chessbase. Die Hamburger Firma unterstützt das Turnier und den Lehrgang mit Lehr- und Trainingsmaterial höchster Qualität.

Ich möchte mich bei den drei Co-Trainern Yochanan Afek, David Lobzhanidze und Thomas Pähtz für ihren Einsatz, bei den Teilnehmern für ihre Mitarbeit und (fast immer) gute Disziplin und bei Webmaster Klaus Steffan für seine schönen Fotos (siehe auch http://www.pulvermuehle2006.steffans-schachseiten.de) bedanken.

 

Lehrgang des männlichen Olympia-Jugendkaders

Dezember in Hockenheim
von Axel Dohms

Wieder Hockenheim wie vor zwei Monaten, wieder, selbstredend, ein Sammel-Interview. Diesmal nicht mit dem Olympia-Kader der weiblichen Jugend während eines mehrrundigen Länderkampfes, sondern mit den Jungs, die vom 13. – 17. Dezember einen Lehrgang absolvierten, der unter Leitung von GM J. Dorfmann, dem in Frankreich ansässigen Russen, assistiert von Roman Vidonyak, A-Trainer an der Karpow-Akademie / Hockenheim, stattfand. Ich kam am Donnerstagvormittag als neugieriger Kiebitz an und eilte zur Stadthalle, wo meiner Erinnerung nach und laut den damaligen Auskünften der maßgeblichen Herren die Schachakademie ihre Räumlichkeiten hat. Denkste! Alles verrammelt und verriegelt. Eine Auskunft am Türtelefon war auch nicht zu bekommen. Ich musste erst die Adresse des Vorsitzenden herausfinden und an seiner Tür klingeln: "Tachchen, Herr Auer, wir haben uns Anfang Oktober getroffen. Ich wollte heute den Lehrgang, mit Einverständnis des Bundesnachwuchstrainers, einen Nachmittag lang beobachten. Wo geht der über die Bühne?" – "Ach, wir hatten Schwierigkeiten, im Ramada-Hotel. Der Kurs am Nachmittag beginnt um 14 Uhr 30." – "Danke." In dem Hotel, in dem ich für eine Nacht Quartier bezogen habe. Das hätte ich einfacher haben können. Mensch, denke ich, auch wenn das keine öffentliche Veranstaltung ist, ein merkwürdiges Adressen-Versteckspiel ist es für eine Institution, die sich Schachakademie nennt, doch. Sie sollte für eine Person, die sich, aus welchen Gründen auch immer (z. B. als professioneller oder ehrenamtlicher Schach-Journalist) für die Sache einsetzt, leichter erreichbar sein. Sei's drum. Zur angegebenen Zeit bin ich an Ort und Stelle.
GM Dorfmann, untersetzt, weißhaarig, Goldrandbrille, ist schon zugegen. Ein versammelt und ernst wirkender Schach-Guru, in dessen Gesicht leider viel zu selten ein angenehmes, entspanntes Lächeln aufblitzt. Die Stimmung ist wie früher in der Kirche; unverständliches (Latein / Russisch) Gemurmel. Dorfmann sitzt vor seinem Laptop wie vor einem aufgeklappten Gebetbuch. Es enthält die neuesten Partien zur Stellung, eine Variante des Damengambits (Slawisch), die auf einem Spielbrett aufgebaut ist. Darum versammelt vier Burschen, u. a. Georg Meier, Arik Braun. Sie fingern ein bisschen darin herum. Eine Partie, die, wie sich schnell herausstellt, einer der Teilnehmer, der nicht zum Kader gehört, kürzlich gespielt hat. Minutenlanges russisches Palaver. Zwischendurch Anweisungen des A-Trainers: "Wir wollen keine Abnicker hier, sondern Leute mit einer eigenen Meinung." Nach 10 Minuten Aufwärmtraining seine Frage: "Wo bleiben die anderen zwei?" Die springen bald darauf zur Tür herein: "Verpennt."
Zur gleichen Zeit der Guru-Kommentar aus dem Hintergrund: "Ivan Sokolov hat neulich in dieser Stellung mit Schwarz a5 gespielt." Der A-Trainer: "Das ist nicht der maßgebliche theoretische Zug. Ivan spielt häufig schlechte Stellungen sehr gut."
Der Autor der Partie teilt seine Gedanken während des Spiels mit. "Ich wollte e5 durchsetzen, spielte aber zur Sicherheit erst mal h6."
Man könnte an dieser Stelle eine Charakter-Typologie erstellen: der Meinungsführer, der Schweiger, der Lästerer, der Zweifler. Und eine entsprechende Sprüchesammlung.
Der Meinungsführer: "Hab ich doch gleich gesagt." – "Aber zu leise. Laut reden wie ein Politiker." Der Lästerer: "Wir analysieren jeden Schrottzug, ohne nach den Kadettenzügen zu fragen. So verplempern wir achtzig Prozent unserer Analysezeit." Der Zweifler: "Verstehe ich nicht, glaube ich nicht."
So geht das eine Stunde. Zugfolge um Zugfolge wird durchgesprochen. Dorfmann verlässt ab und an sein Computerpult, mischt sich unters Volk, vertieft sich in typischer Turnierhaltung, Hände an die Ohren gestemmt, in die Stellung, macht Vorschläge; Und wenn auch ihm ein Versehen unterläuft, murmelt er ein "Pardon", vielleicht ein Tribut an seine Wahlheimat. Dem Lästerer entfährt es dann: "Die schlafen hier alle."
Eine Stellung kommt danach an ihre vorläufige Endeinschätzung: "Weiß steht gefährdet und muss dynamisch spielen." Eine andere: "Weiß muss dynamisch aufgeben und statisch nach Hause." Eine dritte: "Das war nicht statisch, nicht dynamisch, sondern falsch."
Nach anderthalb Stunden kristallisiert sich die kritische Position heraus: Schwarz hat zwei Leichtfiguren für Turm und zwei Bauern. Einmütiges Fazit: Bei blockierter Stellung sind die zwei Leichtfiguren den Türmen überlegen. Und Dorfmann, der jetzt beim Vor- und Zurückspielen der Varianten permanent am Brett sitzt, vom Gebetbuch weg– und zur Stellung hinsieht, begleitet die Vorschläge mit "guter Zug", "richtiger Plan" usw. und gibt zum Schluss seine endgültige Stellungsbeurteilung ab: Der statische Angriff setzt sich durch und auf Zeit
(-verzögerung). Und ruft mit dem Hinweis auf den Film "Das Königsreich" (oder so ähnlich), den ich nicht kenne und alle anderen offensichtlich gesehen haben, allgemeines Gelächter hervor: Die Umzingler sind fröhlich, guter Dinge und leben gut. Die Umzingelten fressen sich fast schon selber auf.
Bevor in den Frühstückssaal des Hotels gewechselt und erst mal ein schon gedeckter Tisch freigeräumt werden muss, 15 Minuten Pause. In ihr habe ich Gelegenheit, meine Eindrücke zu sortieren. Auffallend, wie locker und doch hochkonzentriert die Eleven trotz aller, vor allem sprachlicher Schwierigkeiten, bei der Sache sind. Und worin besteht der Unterschied zu unserem Vereinstraining, wo dieselben flachsigen Bemerkungen und theoretischen Begriffe im Schwange sind? Das Tempo! Wie schnell schieben die Finger nach einer Analyse die Figuren zurück in die Ausgangsstellung, wie hoch und rasch die Anzahl der Zugvorschläge, wie geschwind kommt es zu einer einvernehmlichen Diskussionsgrundlage! Eindrucksvoll. Mehr Zeit für Bewunderung bleibt nicht.
Denn schon geht es bis 18 Uhr weiter: Zwei Stellungen werden vorgegeben. 10 Minuten Bedenkzeit. Der Maßstab der Bewertung sind die Dorfmann-Kriterien (statisch, dynamisch), die er in zwei Büchern niedergeschrieben und am ersten Tag des Lehrgangs ausgeführt hat.
Danach setzt sich GM Dorfmann an den Tisch und läuft zu seiner Bestform auf. Das Trainergespann unterhält sich nicht mehr bis zu 3 Minuten auf Russisch über die Köpfe der Jugendlichen hinweg, sondern er spricht die Jugendlichen mit ihren Vornamen an und bittet jeden um seine Meinung. Roman Vidonyak beschränkt sich auf die Dolmetscherrolle. Die erste Stellung habe ich abends im Hotel nicht mehr ganz hinbekommen, weil ich mich zum Zeitpunkt des Geschehens dabei ertappte, möglichst viele russische Vokabeln aufzuschnappen (gut, ja, danke, Dame, zehn, acht). Die zweite Stellung war eine Dorfmann-Partie gegen Kuzmin (?) Holländische Verteidigung, in der ihm e6 vorgesetzt wurde. Sie sah so aus. W: Kg1, Dd1, Tf1, Ta1, Lg2, Lc1, Sf3, h2, g3, f2, a2, b2, c4, d4, e2 – S: Kg8, Dd8, Tf8, Ta8, Lg7, Lc8, Sf6, Sb8, a7, b7, c7, d6, e6, f5, g6, h7.
Nach Befragung der Teilnehmer und kurzer Erörterung ihrer Ansichten eilt er zurück zum Start und Ziel, seiner Gebetskiste, um den weiteren Verlauf der Partie herunterzuspulen, die der Assistenztrainer auf dem Brett nachvollzieht. Weiß, der Dominator auf den weißen Feldern. Erfolgsshow oder Erkenntnisgewinn? Keine Ahnung. Ich habe genug gesehen und gehört. Ich verabschiede mich und bedanke mich dafür, dass ich hospitieren durfte. Spassibo.

 

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vlnr. : Ilja Brener, Falko Bindrich ( verdeckt), Arik Braun, Jossif Dorfman, Roman Vidonyak ( stehend), Georg Meier und Sebastian Bogner

 

Dorfman-Training mit der JOM

von Bernd Vökler (12.12.2005)

In Abstimmung mit dem Jahrestrainingsplan der Jungen aus der Jugendolympiamannschaft wurde für Dezember ein weiterer Höhepunkt gesetzt. In Zusammenarbeit mit der Karpov-Schachakademie Hockenheim konnten Yossip Dorfman als Lektor gewonnen werden. Der französische Spitzentrainer leitet in Cannes eine Schachschule, aus der u.a. Etienne Bacrot hervorgegangen ist. Ein Ruf als weltbekannter renommierter Autor eilt ihm ebenfalls voraus.
Im Oktober begann er einen Jahreszyklus mit den sogenannten „Youngstars“ und jetzt trifft er die Jugendolympiamannschaft um mit den Spielern „seine Schachmethode“ zu diskutieren.
Das entsprechende Buch in deutscher Ausgabe ist leider vergriffen.
Teilnehmer werden IM Arik Braun, IM Georg Meier, IM Sebastian Bogner , FM Falko Bindrich und FM Ilja Brener sein. Als Gasthörer hat die KSA Hockenheim IM Rainer Buhmann nominiert.
Diese sechs werden gemeinsam mit Yossip Dorfman und Roman Vidonyak sechs Tage lang Übungen bestreiten, Stellungen diskutieren über Dynamik und Aktivität fachsimpeln, sowie einige interne Wettbewerbe austragen.
Ziel des Lehrgangs muss sein, den angehenden Großmeistern jenes letzte Quantum Wissen, oder auch Gefühl für die Möglichkeiten zu vermitteln, welches sie noch vom GM-Titel trennt. Gerade Rainer Buhmann ( bisher 2 Normen ) und Arik Braun ( bisher eine ) haben sich diesen für 2006 als Ziel gesetzt.
Aber auch Georg Meier und Falko Bindrich stellen sich dieser Messlatte – Großmeisternorm - für 2006. So liegen sie jeweils in der Bundesliga ( Georg Meier ) und der tschechischen Extra-Liga ( Falko Bindrich ) hart auf Normenkurs.
Außerdem tut z.B. Falko etwas für seine ELO-Zahl in der Oberliga. Als ich ihn gestern in Gera abholte, hatte er seinen Score auf 4 aus 4 !! am zweiten Brett von Dresden, hinter Altmeister Wolfgang Uhlmann, geschraubt.
Möglicherweise kann Herr Dorfman auch individuelle Profile, bezogen auf den einzelnen Spielertyp, herauskristallisieren und damit wichtige Hinweise für das zukünftige Training geben.